Skandalbehörde Verfassungs­schutz

Die eigentliche Aufgabe des Verfassungsschutzes besteht darin, unser Grundgesetz zu hüten. Als Behörde untersteht er jedoch den Anordnungen des Innenministeriums und der Bundesregierung. In Zeiten ideologischer Vereinnahmung staatlicher Institutionen wird der Verfassungsschutz vollends zum Instrument der Regierung.

Während der Extremismus heute in den Verfassungsschutz hingetragen wird, kam er früher meist von innen. Unbehelligt gebliebene Altnazis, RAF-Sympathisanten und Stasi-Doppelagenten waren für den Verfassungsschutz lange Zeit geschätzte Mitarbeiter.

Die NS-Wurzeln des bundesdeutschen Verfassungsschutzes

In der jungen Bundesrepublik machten Männer Karriere, die in das System des Nationalsozialismus verstrickt waren, so auch im Verfassungsschutz. Regierungsrat Erich Wenger, Mitglied von NSDAP und SA war nach Stationen als SS-Hauptsturmführer und als Zuständiger für die Gestapo im Reichssicherheitshauptamt schließlich ab 1950 Mitarbeiter des bundesdeutschen Verfassungsschutzes. Als Juniorpartner der Westalliierten spionierte das Bundesamt in den 1960er-Jahren unter Bruch des grundgesetzlich garantierten Brief- und Fernmeldegeheimnisses unbescholtene Bürger aus.

Keine RAF-Verbrechen ohne den Verfassungsschutz

Nicht nur unbelehrbare Nazis, sondern auch glühende Linksextreme kämpften in den Reihen des Verfassungsschutzes für ihre Ziele. Der SPIEGEL wies schon 1971 darauf hin, dass die Versorgung linksextremistischer Terroristen mit Waffen und Bomben ohne den Berliner Verfassungsschutz nicht denkbar gewesen wäre. Stefan Aust, Autor von „Der Baader-Meinhof-Komplex“ war überzeugt, dass der Plan zur Lieferung von Molotow-Cocktails an die militanten Anti-Springer-Demonstranten 1968 „von ganz anderer, höherer Stelle“ stammte. Hiermit war wohl der Berliner Verfassungsschutz gemeint. Der Politologe Wolfgang Kraushaar kritisiert die fehlende Aufarbeitung von Berührungspunkten zwischen RAF und Geheimdiensten bis heute.

Ebenfalls in den 1970er-Jahren führte das Bundesamt umfangreiche Abhörmaßnahmen ohne gesetzliche Grundlage durch, so gegen Umweltforscher Klaus Traube. Der SPIEGEL fasste damals schon das vom Verfassungsschutz ausgehende Gefahrenpotenzial treffend zusammen: „Verfassungsschutz bricht Verfassung – Lauschangriff auf Bürger T.“

Vertuschungen, Verrat und Manipulation durch den Verfassungsschutz

Nicht nur Rechtsextremismus und Linksextremismus haben die Arbeit des Verfassungsschutzes geprägt, sondern auch die Manipulation und Sabotage der Arbeit von Polizei und Justiz. Hierzu gehört die verhinderte Aufklärung des Mordes an Ulrich Schmücker, einem linksradikalen Terroristen und V-Mann des Berliner Verfassungsschutzes. Die Tat wurde nie aufgeklärt, weil der Verfassungsschutz und mindestens zwei Staatsanwälte Beweismittel bewusst unterdrückten. Die Tatwaffe wurde vom Verfassungsschutz 15 Jahre lang in einem Tresor versteckt.

In den 1980er-Jahren zeigte sich die Sympathie für das SED-Unrechtsregime der DDR in den Reihen des Verfassungsschutzes, als Regierungsdirektor Hansjoachim Tiedge im Rahmen seiner Tätigkeit in der Spionageabwehr gegen die DDR im August 1985 zum Überläufer wurde und in den Dienst der DDR eintrat. Dort wurde er mit einer Arbeit über den bundesdeutschen Verfassungsschutz an der Humboldt-Universität promoviert. Kurz vor der Wiedervereinigung 1990 wurde er vom KGB in die Sowjetunion ausgeflogen und kehrte nie nach Deutschland zurück.

Klaus Kuron, ein weiterer DDR-Spion beim Verfassungsschutz, diente sich aufgrund mangelnder Aufstiegschancen beim Verfassungsschutz 1981 der Stasi an. 1990 lehnte er eine Flucht in die Sowjetunion aus Angst ab. Er wurde wegen besonders schweren Landesverrats zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Selbst ein hochrangiger Ermittler des Verfassungsschutzes räumte ein: Im Grunde genommen hat die DDR die Abwehr der Bundesrepublik gegen die Stasi selbst organisiert.“.

Im gescheiterten Verbotsverfahren gegen die NPD zeigte sich, dass Teile der NPD-Führungsebene aus V-Leuten des Verfassungsschutzes bestanden. Vermeintliche NPD-Führungskader entpuppten sich als V-Leute. Unklar ist bis heute, wer dort wen beobachtete und wie stark Programmatik und Rhetorik der NPD in Wahrheit vom Verfassungsschutz gelenkt wurden. Alleine in NRW handelte es sich beim NPD-Landesvorsitzenden, seinem Stellvertreter und dem Chefredakteur der regionalen Parteizeitung um V-Leute.

Im Zuge der NSA-Affäre 2013 kam nicht nur heraus, dass die US-Regierung den gesamten Internetverkehr überwachte und dabei auch das Handy von Angela Merkel abhörte. Nein, das Bundesamt für Verfassungsschutz arbeitete der US-Behörde NSA sogar noch zu. Wöchentlich (!) ließ sich dazu ein NSA-Mitarbeiter persönlich von Verfassungsschutzmitarbeitern unterrichten. Selbst das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages war informiert und nickte alles widerstandlos ab.

Die Verbindungen zwischen Verfassungsschutz und NSU sind unklar. Als das Terrornetzwerk bekannt wurde, vernichteten das Bundesamt und diverse Landesämter Akten – offenkundig, um Spuren zu verwischen.

Fazit: Der gegenwärtige Verfassungsschutz ist eine Gefahr für unsere Grundrechte.